Diskussion: 50%-Ausgleichsabgabe für Inklusionsverweigerer

Reform der Ausgleichsabgabe – Gerechtigkeit durch Verantwortung

Die Ausgleichsabgabe sollte ursprünglich ein Instrument sein, um die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen zu fördern. In der Realität ist sie jedoch gescheitert. Viele Unternehmen und Einrichtungen zahlen die Abgabe lieber, anstatt ihre Strukturen zu öffnen. Die Summen sind zu niedrig, um echten Veränderungsdruck zu erzeugen – die Abgabe wird als „billige Ausrede“ einkalkuliert. Menschen mit Behinderungen bleiben dadurch trotz Ausbildung, Qualifikation und Motivation oft außen vor. So werden nicht nur Chancen verspielt, sondern auch Fachkräfte ignoriert, die unsere Gesellschaft dringend braucht.

Statt Inklusion zu stärken, hat das aktuelle System eine „Bezahl dich frei“-Logik geschaffen. Arbeitgeber und Einrichtungen können sich von ihrer gesellschaftlichen Verantwortung freikaufen – während Betroffene weiterhin ausgeschlossen bleiben. Das ist weder gerecht noch effizient.

Verfassungs- und Gesetzesbindung

Wir sind dem Grundgesetz verpflichtet. Artikel 3 Absatz 3 Satz 2 GG sagt klar: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ Dazu kommen die Verpflichtungen aus dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG), dem Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) und der von Deutschland ratifizierten UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK).

Wenn Menschen mit Behinderungen trotz Eignung systematisch abgelehnt werden, ist das ein klarer Bruch mit diesen Grundsätzen. Mit unserem Reformvorschlag bringen wir die Praxis näher an das geltende Recht: Wir schaffen Anreize, Benachteiligung zu überwinden, und stärken die Gleichberechtigung. Damit kommen wir nicht nur der Legalität näher, sondern rücken auch der tatsächlichen Umsetzung unserer Verfassung und internationalen Verpflichtungen ein großes Stück näher.


Warum eine Reform?

  1. Gesellschaftliche Verantwortung: Die derzeitige Ausgleichsabgabe hat nur begrenzt Steuerungswirkung. Viele Arbeitgeber kalkulieren sie als „Billiglösung“. Die Einführung einer 50%-Abgabe schafft einen echten Anreiz für inklusive Beschäftigung und Aufnahme.

  2. Wirtschaftliche Logik: Ablehnungen geeigneter Bewerber verursachen gesamtwirtschaftliche Kosten (Sozialleistungen statt Steuereinnahmen). Diese Kosten sollen nicht von der Allgemeinheit, sondern von den Verweigerern getragen werden.

  3. Gleichbehandlung: Das Gesetz umfasst nicht nur Arbeitgeber, sondern auch öffentliche Einrichtungen und Schulen, da Inklusion von Anfang an gelebt werden muss.

  4. Verfassungsrecht: Das Gesetz stützt sich auf Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG („Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“) und die UN-Behindertenrechtskonvention, die Deutschland völkerrechtlich bindet.

 


 

Unser Vorschlag

1. Pflichtquote

Alle Arbeitgeber, Behörden, Schulen, Kitas, Krippen und Pflegeeinrichtungen müssen mindestens 10 % ihrer Plätze mit Menschen mit Behinderungen besetzen.

2. Inklusionsverweigerungsabgabe

  • Wird ein geeigneter Bewerber abgelehnt, zahlen die Ablehnenden 50 % der jährlichen Kosten für 10 Jahre.

  • Bewerben sich Menschen mit Behinderung bei mehreren Einrichtungen und werden mehrfach abgelehnt, wird die Abgabe auf alle Verweigerer verteilt.

3. Belohnung für Inklusion

  • Die Einrichtung, die einem Bewerber zusagt, erhält die gesamte Abgabe aller Verweigerer.

  • Dieses Geld dient zur Finanzierung von Assistenzkräften, Umbauten, Technik und barrierefreien Strukturen.

4. Vielfalt sichern

  • Mehrere Plätze dürfen nicht einseitig besetzt werden. Es gilt die Pflicht zur Durchmischung verschiedener Behinderungsarten (körperlich, geistig, Sinne, Gesundheit).

  • Ausnahmen sind nur mit Zustimmung von Fachgremien oder Gerichten möglich.

 


 

Vorteile

  • Gerechte Lastenverteilung: Nicht die Allgemeinheit, sondern Verweigerer tragen die Kosten.

  • Starker Anreiz: Inklusion wird wirtschaftlich vorteilhaft, Verweigerung teuer.

  • Nachhaltige Wirkung: Über 10 Jahre fließen kontinuierlich Mittel in barrierefreie Strukturen.

  • Gesellschaftlicher Fortschritt: Inklusion wird Normalität, nicht Ausnahme.

 


 

Politische Botschaft

Dieses Manifest ist kein fertiges Gesetz, sondern ein Reformvorschlag zur öffentlichen Diskussion. Wir fordern eine ernsthafte Debatte über eine gerechte und wirksame Ausgleichsabgabe, die echte Inklusion ermöglicht.

 


Entwurf einer Reform der Ausgleichsabgabe – Manifest für eine inklusive Gesellschaft

Wir präsentieren hiermit einen Reformvorschlag zur bestehenden Ausgleichsabgabe. Ziel ist es, jene zu entlasten, die Inklusion aktiv ermöglichen, und jene stärker in die Verantwortung zu nehmen, die sich einer inklusiven Gesellschaft verweigern.


§ 1 Zielsetzung

(1) Dieses Manifest verfolgt das Ziel, die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in Arbeit, Bildung und Betreuung nachhaltig zu sichern.

(2) Inklusionsverweigerung soll nicht länger eine betriebswirtschaftlich günstige Option sein, sondern mit einer deutlichen Umlage belegt werden.


§ 2 Adressatenkreis

(1) Die Verpflichtung betrifft alle privaten und öffentlichen Arbeitgeber, Behörden, allgemein- und berufsbildenden Schulen, Kindertagesstätten, Krippen sowie Alten- und Pflegeeinrichtungen.

(2) Alle Einrichtungen müssen mindestens 10 Prozent ihrer Plätze mit Menschen mit Behinderungen besetzen.


§ 3 Inklusionsverweigerungsabgabe

(1) Wird ein geeigneter Bewerber oder eine geeignete Bewerberin mit Behinderung ohne sachlichen Grund abgelehnt, fällt eine Inklusionsverweigerungsabgabe an.

(2) Die Abgabe beträgt 50 Prozent der durchschnittlichen jährlichen Kosten des abgelehnten Platzes.

(3) Die Abgabe wird für 10 Jahre fällig und jährlich entrichtet.


§ 4 Aufteilung der Abgabe

(1) Bewirbt sich eine Person mit Behinderung bei mehreren geeigneten Einrichtungen und wird von mehreren abgelehnt, wird die Gesamtabgabe gleichmäßig auf alle ablehnenden Parteien verteilt.

(2) Erfolgt eine Zusage durch eine Einrichtung, erhält diese Einrichtung die gesamte Summe der Abgabe aller Ablehnungen als Unterstützung.


§ 5 Verwendung der Abgabe

(1) Die Abgabe dient nicht der Bestrafung, sondern der Förderung.

(2) Die zugesagte Einrichtung erhält die Mittel zweckgebunden für:

  1. Assistenzkräfte

  2. barrierefreie Umbauten

  3. technische Hilfsmittel

  4. Schulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen


§ 6 Meldeverfahren

(1) Bewerberinnen und Bewerber mit Behinderung können eine Ablehnung formlos bei einer zuständigen Stelle anzeigen.

(2) Die Stelle prüft, ob es sich um eine geeignete und qualifizierte Bewerbung handelte.


§ 7 Durchmischungspflicht

(1) Einrichtungen mit mehreren zu besetzenden Plätzen sind verpflichtet, eine Durchmischung der Behinderungsarten anzustreben (körperliche, geistige, Sinnes- und gesundheitliche Einschränkungen).

(2) Ausnahmen sind nur im Einzelfall durch unabhängige Fachgremien oder Gerichte zulässig.


§ 8 Sanktionen

(1) Werden Pflichtanteile systematisch unterschritten oder Bewerbungen ohne sachlichen Grund abgelehnt, kann die zuständige Aufsichtsbehörde zusätzlich Bußgelder bis zu 500.000 Euro verhängen.

(2) Wiederholte Verstöße können den Ausschluss von öffentlichen Förderungen und Aufträgen nach sich ziehen.


§ 9 Übergangsregelung

(1) Zur schrittweisen Umsetzung gilt eine Übergangsquote von 5 Prozent in den ersten drei Jahren.

(2) Ab dem vierten Jahr gilt die volle Quote von 10 Prozent.

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