Herstellungsort unserer Bücher: „Les Doigts Qui Revent“ (Träumende Finger)
Weit über 100 verschiedene phantasievolle und haptisch erlebnisreiche Bücher für blinde Kinder stehen in den Regalen eines auf taktil illustrierte Bücher spezialisierten französischen Verlags. Bücher für Belgien, Tschechische Republik, Finnland, Frankreich, Italien, Niederlande, Polen und Vereinigtes Königreich, USA und andere.
(Fotos vom Mai 2012)
In Frankreich arbeitete über 20 Jahre ein Mann unermüdlich und mit voller Hingabe an der Entwicklung und Verbesserung von taktil (das heißt haptisch, mit dem Tastsinn erfahrbar) illustrierten Büchern für blinde Kinder. Sein Name ist Philippe Claudet. Er hat nahezu alle verfügbaren taktil illustrierten Bücher gesehen, ist weltweit gereist und hat mit den meisten Fachleuten gesprochen. Er hat eine in Europa einzigartige Fabrikation aufgebaut, um sie allen Europäischen Ländern verfügbar zu machen. Dabei geht es um gemeinsame Nutzung von Erfahrung, Technik, Forschung und um Zusammenarbeit, um Kosten zu senken und die Qualität und das Angebot zu verbessern. Seine Maschinen, seine Arbeitsplätze und seine Erfahrung werden von acht europäischen Ländern genutzt. Der Verlag nutzt eine Technik, die den Druck (nicht Prägung) von Braille-Schrift auf Papier erlaubt und unverwüstliche und sehr deutliche Punkte auf jedes Material aufbringen kann. Ca. 190 Titel in sieben Sprachen wurden inzwischen produziert und stehen zur Auswahl. Die meisten als taktile Bücher. Auch Anderes Sehen e.V. lässt dort Bücher produzieren. Heute ist Monsieur Claudet im Ruhestand und seine ehemaligen Angestellten führen liebevoll und versiert die Geschäfte fort.
Der Verlag „Les Doigts Qui Revent“, LDQR (Träumende Finger) wurde 1993 gegründet, als es für sehbehinderte Kinder in Frankreich keine geeigneten taktilen Bücher gab – so wie auch 2012 in Deutschland. Eine Gruppe von Eltern und ein Lehrer entschieden sich selbst zu handeln. Dem Lehrer in der Gruppe gelang es, ein erstes Buch in reiner Improvisation zu produzieren. Die Nachfrage nach diesem Buches bewies, dass es dringend notwendig war, eine spezielle Herstellungsstätte für taktil illustrierte Bücher ins Leben zu rufen.
„Les Doigts Qui Revent“ ist heute ein einzigartiger Verlag mit gemeinnützigem Status. Ein gesamteuropäischer Wissenspool in pädagogischer und technischer Hinsicht. Die Ziele sind der Entwurf und Produktion von Büchern für blinde Kinder in der gleichen Qualität wie Bücher für sehende Kinder, um blinden Kindern in ihrer sozialen Integration zu helfen.
Ein Buch aus dem Repertoire des Verlags kann kosteneffizient ab einer Auflage von ca. 200 Stück produziert werden. Ein taktil illustriertes Buch ist sehr viel Handarbeit und so entstehen für jedes Exemplar oft Stunden Arbeit. Der Stückpreis liegt dann – je nach Seitenzahl und Materialien – zwischen 120 und 240€. Darin enthalten sind alle Rechte, die Übersetzung, der Farbdruck, der Schriftsatz, die Braille-Schrift, Material und Verarbeitung. Der Verlag ist gemeinnützig und erwirtschaftet keine Profite. Eine französische Institution finanziert die Hälfte der Kosten bei LDQR. Von den verbleibenden 50% der Herstellungskosten muss etwa wiederum die Hälfte von einer Stiftung/Spende subventioniert werden, um einen erträglichen Verkaufspreis zu ermöglichen.
Wer kann helfen? Welche Institution, Unternehmen oder Behörde kann dieses Ziel unterstützen? Bitte um Mithilfe!
Aufgaben von „Les Doigts Qui Revent“:
- Erstellen, Produzieren und Vertreiben der taktilen Bücher zu einem normalen Preis um sie an den gleichen Orten, wo Sehende ihre Bücher finden (öffentliche Bibliotheken, Schulen, Museen, etc.) auch zur Verfügung stellen zu können.
- Motivation professioneller Autoren / Illustratoren auf dem Gebiet der taktilen Abbildung zu arbeiten.
- Ausbau der internationalen Zusammenarbeit.
- Förderung der Integration von blinden Kindern durch Aktivitäten in Regelschulen.
- Sensibilisierung der Öffentlichkeit.
- Bibliotheken auf die Notwendigkeit taktiler Bücher in ihren Bibliotheken aufmerksam machen.
- Entwicklung der Forschung zu taktilen Bücher in Partnerschaft mit Universitäten.
- Hilfe für blinde Kinder aus armen Ländern.
- Die Hausphilosophie lässt keine menschlichen Ausbeutung zu. Anstatt also die Produktion in ein Niedriglohnland zu verlegen, hat LDQR eine lokale Fabrikationsstätte, die Menschen mit ausgeprägten sozialen Behinderungen die einzigartige Möglichkeit bietet ein normales Leben und einen normalen Job zu haben.
Die Geschichte von LDQR:
- 1992: Erstellung des taktilen Buches „Au pays d’Amandine dine dine“ und 4 taktile Rätsel
- 1994: LDQR als gemeinnützig registriert
- 1996: Aufbau der Werkstatt: 1 technischer Betreuer
- 1999: Organisation der internationalen Tagung über taktile Bücher (Belgien, Italien, Schweden, Russland, England, Frankreich) „Lesen lernen, ja, aber was?“ In Dijon.
- 2000: Im Rahmen von „Kultur 2000“ Gründung von „Tactus“, die erste europäische Auszeichnung für taktile Bücher, mit Belgien, Frankreich, Italien und dem Vereinigten Königreich.
- 2002: Gründung des „Zentrums Amandine“: Forschungszentrum taktile Bilder, innerhalb einer Reihe von Partnerschaften mit Universitäten.
- 2004: Schaffung einer neuen Abteilung (Toms 3D) mit einer neuartigen Technik, um Braille und Zeichnung als Relief auf jeder glatten Oberfläche aufbringen zu können.
- 2005: Tactus wurde „Typhlo & Tactus“ mit: Belgien, Tschechische Republik, Finnland, Frankreich, Deutschland, Italien, Niederlande, Polen, Vereinigtes Königreich.
- 2006: Der Aufbau einer neuen Forschungsgruppe, BiTiB (Blind Infants ‚Tactile illustrated Books‘) mit Italien, Niederlande, Quebec, Frankreich.
- 2010: 147 Titel taktile Bücher produziert = 30.000 Exemplare daunter 7.689 taktile Bücher in sieben Sprachen produziert.
- 2011: Organisation des Preises „Typhlo & Tactus“ in Prag in der Tschechischen Republik mit 16 teilnehmenden Ländern
- ab 2016 Übergabe in die Nachfolge von Philip Claudet an seine Mitarbeiter.
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