Offener Brief an den Bundesjustizminister (ebenso per Mail an poststelle@bmj.bund.de)
Sehr geehrter Herr Buschmann,
wir vertreten als Verein mehrere tausend Eltern blinder und sehbehinderter Kinder. Wir können nicht verstehen, warum Sie die Rechte unserer Kinder nicht wahrnehmen, wie die meisten europäische Länder das tun. Wir fühlen uns und unsere Kinder diskriminiert durch Ihre Haltung. Dies ist keine Polemik, sondern schmerzhafte Wahrheit.
Das Bundesjustizministerium blockiert wichtige Schritte für Barrierefreiheit und Diskriminierungsschutz – national und europaweit. Der Deutsche Behindertenrat (DBR), unterstützt vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV), fordert von Bundesminister Marco Buschmann: Schluss mit der Blockade!
Handeln Sie endlich! Der DBR fordert seit langem eine Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Klare Regeln müssen her, damit Güter und Dienstleistungen barrierefrei sind – auch bei privaten Anbietern. Die Weigerung, angemessene Vorkehrungen zu treffen, muss als Diskriminierung gelten. Nur so können Betroffene ihre Rechte einklagen.
Stoppen Sie das Zögern! Das BMJ spielt auf Zeit und verweist auf eine Evaluation des AGG. Dabei könnte eine schnelle Lösung sein, das Benachteiligungsverbot im Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) auf private Anbieter auszuweiten. Doch das BMJ führt die noch nicht verabschiedete 5. EU-Gleichbehandlungsrichtlinie als Ausrede an.
Blockieren Sie nicht Europa! Auf europäischer Ebene blockiert das BMJ ebenfalls die 5. EU-Gleichbehandlungsrichtlinie, die Diskriminierungsschutz in Bereichen wie Bildung und Sozialschutz vorsieht. Seit 2008 bremst Deutschland diese Richtlinie, obwohl Belgien als EU-Ratspräsident die Freigabe vorantreibt. Fast alle EU-Länder sind dafür, doch Deutschland zögert weiter.
DBR fordert Taten! „Das verbleibende Zeitfenster muss jetzt genutzt werden“, drängt Verena Bentele, Vorsitzende des DBR-Sprecherrats. „Menschen mit Behinderungen wollen nicht länger ausgebremst werden. Es geht um dringend notwendige Entscheidungen für ein barriere- und diskriminierungsfreies Deutschland.“
Politiker und Wähler, jetzt seid ihr dran! Die bevorstehende EU-Parlamentswahl ist entscheidend. Es ist höchste Zeit, den Schutz vor Diskriminierung zu stärken und Barrieren abzubauen. Herr Buschmann, geben Sie endlich Gas und setzen Sie sich für eine gerechte und barrierefreie Gesellschaft ein!
Wir möchten Sie bitten, uns eine sachlich angemessene und positive Antwort auf dieses Schreiben zu geben, die wir auf unserer Website veröffentlichen können. Falls Sie unsere Forderungen jedoch nicht folgen wollen, machen Sie bitte deutlich, warum Sie 1. gegen die Interessen durch Behinderungen benachteiligter Menschen agieren. 2. Wie Sie diesen Widerspruch zu den Menschenrechten, der UN-BRK und dem Grundgesetz rechtlich erklären können.
Mit freundlichen Grüßen
Wir haben noch nichts gehört, daher haken wir nach:
Sehr geehrter Herr Buschmann,
wir haben bisher weder eine Eingangsbestätigung noch eine Antwort erhalten, oder einen Hinweis bis wann wir mit einer Antwort rechnen können. Unser Anliegen betrifft ein Drittel aller in Deutschland lebenden Familien. Dürften wir Sie daher noch einmal auf die Auswirkung für das Wahlverhalten und die Politikverdrossenheit aufmerksam machen?
Der Anteil an der Bevölkerung mit einer Schwerbehinderung ist 9,6 % (plus Dunkelziffer). Die Zahl der direkten Familienangehörige berechnen wir demnach so: 9,6 % (Anteil der Bevölkerung mit Schwerbehinderung) x 2,44 (direkte Familienangehörige) = 23,4 %
(Bei einer Durchschnittsgröße von 3,44 Personen pro deutscher Familie hat jede/r durchschnittlich 2,44 Verwandte im direkten Umfeld (also Eltern, Kinder oder Geschwister).)
23,4 % aller Bundesbürger haben demnach eine schwerbehinderte Person in der direkten Verwandtschaft ersten Grades, also Eltern, Kinder oder Geschwister. Zusammen sind das 33 % der Bevölkerung.
Wir hoffen auf baldige Antwort.
Mit den besten Grüßen
Steffen Zimmermann (Vorstand Anderes Sehen e.V.)
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