Deutsche Länder mit großen Defiziten laut Institut für Menschenrechte

NRW: Inklusives Schulsystem muss Ziel der nächsten Landesregierung sein
Berlin. Alle Kinder und Jugendlichen sollen die gleichen Bildungschancen haben. Nordrhein-Westfalen ist nach Ansicht des Deutschen Instituts für Menschenrechte auch 13 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention weit davon entfernt, Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen zu garantieren. Mit 4,9 Prozent stagniert der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die außerhalb des allgemeinen Schulsystems beschult werden, derzeit auf einem relativ hohen Niveau (Platz 12 im bundesweiten Vergleich). „Die künftige Landesregierung muss dringend ein Gesamtkonzept zum Aufbau eines inklusiven Schulsystems erarbeiten, und das unbedingt unter Beteiligung von Menschen mit Behinderungen“, erklärt Susann Kroworsch, Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention des Instituts mit Blick auf die Landtagswahlen am 15. Mai 2022.Nordrhein-Westfalen, das im Ländervergleich bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in vielen Lebensbereichen durchaus gute Fortschritte zeigt, muss als Flächenland, aus dem ein Großteil der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf kommt, im Bildungsbereich eine Vorbildfunktion einnehmen, wenn es Deutschland insgesamt gelingen soll, seine Verpflichtung, ein inklusives Schulsystem aufzubauen, zu erfüllen.

Die Umsetzung dieser Verpflichtung sei in Nordrhein-Westfalen in der auslaufenden Legislatur an einem verfehlten Verständnis von Inklusion gescheitert, so Kroworsch. „Eine echte Transformation, wie die UN-Behindertenrechtskonvention sie fordert, konnte bisher nicht stattfinden. Denn die im allgemeinen Schulsystem zur Umsetzung der schulischen Inklusion benötigten Ressourcen sind im Förderschulsystem gebunden.“

Laut Monitoring-Stelle verstößt Nordrhein-Westfalen damit gegen menschenrechtliche Verpflichtungen und befördert erwiesenermaßen den Beginn von Exklusionsketten, aus denen Menschen mit Behinderungen oft nicht wieder herauskommen: Der Aussonderung in Förderschulen, die in der Regel ohne Schulabschluss beendet werden, folge in den meisten Fällen eine Tätigkeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen oder die Arbeitslosigkeit. Kroworsch: „Nordrhein-Westfalen muss jetzt strukturelle Reformschritte einleiten. Wie bildungswissenschaftliche Erkenntnisse belegen, bieten Förderschulen keine gleichwertigen Bildungschancen, dagegen trägt ein heterogenes Lernumfeld dazu bei, dass jedes Kind bessere Lernergebnisse erzielen kann.“

Die aktuelle Veröffentlichung der Monitoring-Stelle „Schulische Inklusion wirksam umsetzen“ stellt notwendige Elemente eines Gesamtkonzepts zur Umstrukturierung allgemeiner zu inklusiven Schulen vor. Dazu gehört unter anderem die systematische, schrittweise Abwicklung von Förderschulstandorten zugunsten inklusiver Angebote für jedes Kind, unabhängig von Art und Schwere der Beeinträchtigung.

WEITERE INFORMATIONEN
Schulische Inklusion wirksam umsetzen – Warum die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen im Sinne echter Bildungsgerechtigkeit umsteuern muss. Position, April 2022. Berlin: Deutsches Institut für Menschenrechte.
www.institut-fuer-menschenrechte.de/publikationen/detail/schulische-inklusion-wirksam-umsetzen

In Leichter Sprache: Inklusion in den Schulen von Nordrhein-Westfalen – Text in Leichter Sprache. Position. April 2022. Berlin: Deutsches Institut für Menschenrechte.
www.institut-fuer-menschenrechte.de/publikationen/detail/inklusion-in-den-schulen-von-nordrhein-westfalen

Monitoring in Nordrhein-Westfalen
www.institut-fuer-menschenrechte.de/das-institut/abteilungen/monitoring-stelle-un-behindertenrechtskonvention/nrw

Pressekontakt
Deutsches Institut für Menschenrechte
Ute Sonnenberg | 2. Pressesprecherin
Zimmerstraße 26/27 | 10969 Berlin
Tel.: 030 259 359-453 | Fax: 030 259 359-59
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