Rechtliches: Freier Zugang für Blinde zu DRM-geschützten eBooks bei Ausgabe auf Papier

Rechtlicher Hintergrund

Über die Frage, in welcher Form urheberrechtlich geschützte Werke (z. B. Bücher, Filme etc.) vervielfältigt und verbreitet werden, entscheidet der Urheber/die Urheberin bzw. der Rechteinhaber/die Rechteinhaberin. Es war deshalb bisher nicht immer möglich, urheberrechtlich geschützte Texte z. B. auch in Braille (Blindenschrift) zur Verfügung zu stellen. 

§ 45a UrhG ermöglicht Menschen mit Behinderungen deshalb seit dem 13. September 2003 den erlaubnisfreien Zugang zu urheberrechtlich geschützten Werken. Können sie ein Werk sinnlich nicht wahrnehmen, so erlaubt es diese Vorschrift, das Werk in eine andere Wahrnehmungsform zu übertragen. 

Siehe auch den Gesetzentwurf der Bundesregierung hier. (Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Marrakesch-Richtlinie über einen verbesserten Zugang zu urheberrechtlich geschützten Werken zugunsten von Menschen mit einer Seh- oder Lesebehinderung.)

Konkret bedeutet dies, dass beispielsweise Werke der Literatur für blinde Menschen auf Tonträger aufgenommen oder in Braille (Blindenschrift) übertragen werden dürfen. Auch die Weitergabe an andere behinderte Menschen ist zulässig, wenn damit keine kommerziellen Interessen verfolgt werden. 

Zum Ausgleich für diese Nutzung steht dem Urheber eine Vergütung zu.    

Das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz stellt dabei in § 13 Absatz 3 UrhG sicher, dass die Verwertungsgesellschaften bei ihrer Tarifgestaltung und bei der Einziehung der Vergütung auf die sozialen Belange des Zahlungspflichtigen Rücksicht nehmen. 

Auch das österreichische Urheberrecht sieht dies vor:
Siehe Paragraf 42d: (Auszug!)
(4) Seh- oder lesebehinderte Menschen und in deren Namen handelnde Personen dürfen ein Vervielfältigungsstück in einem barrierefreien Format zur ausschließlichen Nutzung durch die seh- oder lesebehinderte Person herstellen, wenn diese rechtmäßigen Zugang zu dem Werk hat.

Das schließt nach unserem Verständnis auch Bücher aus Leihbibliotheken ein.

Warum muss man überhaupt eBooks in Braille auf Papier drucken?

Es ist hinreichend bekannt, dass nur 3 bis 5 % der Literatur in einem zugänglichen Format für Blinde verfügbar ist. Um teilhaben zu können am gesellschaftlichen Leben, Bildung und Kultur haben blinde Menschen die Notwendigkeit und das Recht Bücher in einem ihnen gerechten Format lesen zu können. Da in vielen Fällen eine Ausgabe in synthetischer Stimme oder überhaupt in Audio nicht praktikabel oder verarbeitbar ist, muss Lesen in Braille möglich sein. Die primitiven Brailledisplays mit nur 40 gleichzeitig  anzeigbaren Zeichen eignen sich selbstverständlich kaum um Bücher zu lesen – insbesondere nicht, wenn Übersicht hilfreich und Textarbeit parallel notwendig sind. Die Ausgabe auf Papier in Punktschrift ist in vielen Fällen die beste Form. Daher ist es nötig selbst Bücher auszudrucken, wenn sie nicht bereits ausgedruckt in der Bibliothek erhältlich sind.

Taschenbuch als Braille Kopie: Der Größenvergleich

Ein Taschenbuch mit 300 Seiten umgewandelt aus einem englischsprachigen Kindle-E-Book und gedruckt als Braille Kopie ergibt 400 Seiten DIN A4 auf 120g-Papier.

Was ist ein Kindle eBook?

Ein Kindle eBook ist ein Buchformat, das von Amazon verkauft wird und für Sehbehinderte und Blinde unter iOS und Android generell barrierearm (benutzbar mit VoiceOver) ist. Es erlaubt nur die Ausgabe auf dem Bildschirm (resp. Braillezeile) aber keine Ausgabe in Braille (Blindenschrift) auf Papier. Kindle ist auch auf den Desktop-Systemen MacOS und Windows verfügbar, aber dort weitgehend nicht barrierefrei.

Dieser Beitrag behandelt das verbreitetste eBook-Format: das Kindle eBook. Die Software, die zur Umsetzung der nachfolgenden Anweisungen benötigt wird, heißt Calibre, und Sie benötigen eine zusätzliche Erweiterung.

Dieser Beitrag setzt voraus, dass Sie bereits ein Konto bei Amazon haben und Sie Kindle eBooks ohne Probleme herunterladen können. Ich gehe davon aus, dass die folgenden Schritte barrierefrei sind und auf einem MacBook funktionieren, aber ich kann nicht garantieren, dass diese Anweisungen auf anderen Betriebssystemen wie Windows repliziert werden können. Am Ende des Artikels finden Sie einen Link zu einer englischsprachigen Anweisung für Windows.

Fortsetzung: Die Anleitung für das Umwandeln von eBooks für blinde Menschen zum Lesen auf Papier. 

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